Der lebensgefährliche Unfall geschah vor zwei Jahren: Auf dem Weg zur Arbeit wurde die 16-Jährige am Bahnhof von einem heranrollenden Zug erfasst und schwer verletzt. Der rechte Arm war fast vollständig vom Oberkörper abgetrennt. An diesem Tag hätte sie ihre Lehre als Pharma-Assistentin beginnen sollen. Die Patientin wurde von der Schweizerischen Rettungsflugwacht Rega ins Inselspital geflogen. Dort entschieden sich die Ärztinnen und Ärzte, den Arm der jungen Frau so umfassend wie möglich wiederherzustellen (Replantation).
Ein Team aus drei Kliniken operiert 16 Stunden
An der 16-stündigen Operation waren Spezialistinnen und Spezialisten der Universitätskliniken für Herz- und Gefässchirurgie, für Plastische- und Handchirurgie sowie für Kinderchirurgie beteiligt. Sie mussten Knochen, Blutgefässe, Nervenbahnen und Muskeln rekonstruieren und die fehlenden Weichteile ersetzen. Die Interdisziplinarität der verschiedenen Fachbereiche, die auch bei der Nachbehandlung und der weiteren Betreuung eine wichtige Rolle spielte, führte zum Erfolg und zur Genesung der Patientin. Nach 45 Tagen konnte die junge Frau das Spital verlassen und nach einem dreimonatigen Aufenthalt im Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche des Kinderspitals Zürich in Affoltern am Albis nach Hause zurückkehren.
Start ins Berufsleben
Am Tag des Unfalls hätte die heute 18-jährige Frau ihre Lehre als Pharma-Assistentin beginnen sollen. Heute, zwei Jahre später, ist der Start ins Berufsleben dank der Replantation möglich und auch geglückt. Sie kann ihren Arm gut einsetzen, wobei die fehlende Feinmotorik der Hand noch Mühe bereitet. Sie besucht deswegen einmal pro Woche eine Ergo- und Physiotherapie. Die Patientin selber zeigt sich sehr zufrieden mit dem Ergebnis der Operation. „Es lässt sich viel besser leben mit zwei Armen statt nur mit einem.“
Seltene und folgenschwere Verletzung
Traumatische Amputationen von Gliedmassen sind ausserhalb von Kriegsgebieten selten und für behandelnde Ärztinnen und Ärzte daher eine spezielle Herausforderung. Dr.med. Pascal Kissling, Oberarzt an der Universitätsklinik für Herz- und Gefässchirurgie: „Für eine erfolgreiche Replantation ist ein ideales Zusammenspiel der verschiedenen chirurgischen Disziplinen während des mehrstündigen operativen Eingriffs notwendig.“ Ob eine Replantation gegenüber einer Prothese vorzuziehen ist, hängt neben dem Ausmass der Verletzung auch von den vorhandenen Ressourcen des jeweiligen Spitals ab.