5 Fragen zur 8. PHPCI Konferenz und dem Stadtfestival endlich.menschlich

an Prof. Dr. med. Steffen Eychmüller, Chefarzt Palliative Care am Universitären Zentrum für Palliative Care, Inselspital, Universitätsspital Bern und Mitglied lokales Organisationskomittee:

Was haben Public Health – was heisst das überhaupt? – und Palliative Care miteinander zu tun? 

‘Public Health’ heisst ‘öffentliche Gesundheit’ und beschäftigt sich mit allem, was eine Gesellschaft gesund hält, d.h. mit der Prävention – oder eben krank macht und wie man seitens der Gesellschaft am besten damit umgeht. Ursprünglich lag der Schwerpunkt bei der Hygiene und der Eindämmung von Infektionskrankheiten – bei einem Schwerpunkt, den wir während der Corona-Pandemie wieder erlebt haben. Was macht eine Krankheit, eine Pandemie mit der Gesellschaft? Wie in der Palliative Care stehen dabei körperliche, aber besonders auch psychische und soziale Faktoren beim Gesundbleiben oder im Umgang mit Krankheiten im Vordergrund. Ähnliches gilt für die Palliative Care: was macht das Lebensende mit einer Gesellschaft oder auch, wie geht die Gesellschaft mit dem Faktum der Endlichkeit um? Bisher war das Thema Lebensende und damit auch die Angebote der Palliative Care wenig präsent in der ‘Public Health’ – obwohl es ein sehr relevantes Thema ist.

Welche Philosophie respektive Idee verbirgt sich hinter «Brücken bauen»? 

Für ein gutes Lebensende braucht es ein ganzes Dorf oder eine ganze Stadt. Dieser Leitsatz der ‘Public Health & Palliative Care International’ (PHPCI) zeigt, dass es gut funktionierender Brücken zwischen Menschen, aber auch zwischen verschiedenen Institutionen, Organisationen bedarf, nicht zuletzt zwischen Wissenschaft und Bevölkerung, um den Wert des Lebensendes in unserer Gesellschaft so zu definieren, dass ein würdiges Lebensende möglich ist. Wir brauchen die Solidarität von uns allen, in der Nachbarschaft, in den Quartieren und untereinander. Da wir schon sehr bald nicht mehr ausreichend Fachpersonen haben werden, die uns versorgen, müssen wir lokale Netzwerke bilden und Brücken bauen – in der Familie, im Freundeskreis, und ganz besonders in der Nachbarschaft.

Warum wird ein wissenschaftlicher Kongress mit einem Stadtfestival kombiniert, das «endlich. menschlich.» heisst?

Das Lebensende ist kein Thema des Gesundheitswesens, und es ist auch trotz aller Forschung immer noch nicht verhinderbar. Deshalb soll ähnlich wie beim Thema Lebensanfang/ Geburt, wo wir als Gesellschaft über Jahrzehnte unendlich viel in Wissen, allgemeine Kompetenzen, Rechtsansprüche, Finanzierung und Forschung investiert haben, auch dem Thema LebensENDE nun viel mehr Aufmerksamkeit zukommen. Wir wollen die Wissenschaft für ein breites Publikum zugänglich und verständlich machen.

Das Lebensende geht uns alle an – und alle wünschen sich einen würde- und liebevollen gemeinsamen Umgang mit der Endlichkeit: deshalb der Titel «endlich.menschlich.», der auf die Doppeldeutigkeit von Endlichkeit und Menschlichkeit anspielt.

Was darf eine Palliativfachperson – egal ob aus der Medizin, der Pflege oder einem anderen Beruf – von diesem Kongress erwarten?

Teilnehmende aus aller Welt und verschiedenen Disziplinen von der Public Health über Soziologie, Psychologie, Theologie bis zur Pflege, Medizin und Politik präsentieren an der 8. PHPCI Konferenz Modelle und Projekte, die darauf abzielen, das Wissen und den Umgang mit dem Lebensende in unserer Gesellschaft zu stärken. Initiativen in Gemeinden, Schulen und Unternehmen sowie Beispiele aus den Bereichen Bildung, Politik, Finanzierung und viele mehr werden diskutiert.

Warum sollte sich mein Sohn oder meine Tochter für dieses Stadtfestival interessieren und es besuchen? 

Das Lebensende betrifft auch junge Menschen und sollte kein Tabuthema sein, das ängstlich ausgeklammert wird. In Schulen und Universitäten steht das Thema leider immer wieder im Mittelpunkt: Suizid, schwerer Unfall, schwere Krankheit und Sterben von Geschwistern, Eltern, Lehrer:innen. Das Stadtfestival bietet eine einzigartige Gelegenheit, das Thema Lebensende und Sterben zwischen Wissenschaft und Kultur auf spannende und zugängliche Weise zu erleben und wertvolle Einblicke in den Umgang mit dem Lebensende zu gewinnen. Kaum ein Thema trägt so viel zur Sinnhaftigkeit des Lebens bei wie das Wissen um die eigene Endlichkeit. So thematisieren wir Sterben, Tod und Trauer und feiern gleichzeitig das Leben. 

Das Gespräch führte Dr. Monika Hagemann vom Universitären Zentrum für Palliative Care, Inselspital, Universitätsspital Bern und Universität Bern.

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