Die Anzahl Schilddrüsenkrebsdiagnosen steigt in der Schweiz. Die wachsende Zahl ist am ehesten als Folge von zufällig oder durch Vorsorgeuntersuchungen entdeckte Schilddrüsenknoten zu erklären. Dabei werden oft kleine „Krebse“ gefunden, die aufgrund ihres relativ harmlosen Gewebetyps der betroffenen Person zu Lebzeiten keine Beschwerden bereiten würden. Viele dieser Personen werden möglicherweise überbehandelt. Das schlussfolgern Forschende des Inselspitals Bern, des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin (IUMSP) der Universität Lausanne und des Berner Instituts für Hausarztmedizin der Universität Bern (BIHAM).
Viel mehr Diagnosen
In der Rückschau verglichen die Forschenden in Krebsregisterdaten (www.nicer.org), wie oft zwischen 1998 und 2012 in der Schweiz die Diagnose „Schilddrüsenkrebs“ gestellt und wie viele Schilddrüsen-Resektionen durchgeführt wurden. Diese Ergebnisse stellten die Autoren der Sterblichkeit an Schilddrüsenkrebs über die Jahre gegenüber. Während über die Zeit etwas weniger Menschen an Schilddrüsenkrebs starben, schnellten die Diagnosen dieser Erkrankung in die Höhe. Bei den Frauen nahm die Zahl der Erkrankten pro 100 000 Personen jährlich von 5.9 auf 11.7 zu. Bei den Männern stieg die Zahl der Erkrankten jährlich von 2.7 auf 3.9 pro 100 000 Personen.
Unnötige Operationen?
Der Hauptzuwachs an Diagnosen war bedingt durch einen relativ gutartigen Gewebetyp und Frühformen von Schilddrüsenkrebs. Trotzdem fanden drei- bis viermal so viele Schilddrüsen-Resektionen statt. Die Autoren schliessen daraus, dass Schilddrüsenkrebs in der Schweiz überdiagnostiziert und möglicherweise zu häufig operiert wird. Daher muss untersucht werden, welche Personen von einer Früherkennung und -behandlung von Schilddrüsenkrebs profitieren und welche nicht.