Stammzelltherapie für die Bandscheibe

Ein internationales Forschungskonsortium mit Beteiligung einer Forschungsgruppe am Inselspital und der Universität Bern konnte sich im europäischen «Horizon 2020»-Programm durchsetzen. Mit dem Projekt «iPSpine» möchte das Team erforschen, ob körpereigene Stammzellen zur Therapie von abgenutzten Bandscheiben eingesetzt werden können.

Rückenschmerzen, die durch degenerierte Bandscheiben der Wirbelsäule hervorgerufen werden, stellen eine grosse medizinische und sozioökonomische Herausforderung dar. Die traditionelle Behandlungsmethode bei Versagen von konservativen Therapien ist die Entfernung der degenerierten Bandscheibe (eine sogenannte «Discectomy») und eine darauffolgende Versteifung des Gelenkes durch Fusion der benachbarten Wirbelkörper («spinale Fusion»).

Die Forschungsgruppe von Prof. Dr. Benjamin Gantenbein, Gruppenleiter am Institute for Surgical Technology and Biomechanics der Universität Bern, und Prof. Dr. med. Lorin Benneker, Leiter des Teams Wirbelsäule der Universitätsklinik für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Inselspitals, möchte nun erforschen, inwiefern gewebespezifische körpereigene Stammzellen in der Bandscheibe therapeutisch eingesetzt werden können, um Rückenschmerzen zu lindern, die Bandscheibendegeneration zu stoppen oder abgenutzte Bandscheiben sogar zu regenerieren. Nun wurde ihnen innerhalb einer kompetitiven «Horizon 2020»-Konsortium-Ausschreibung ein Projekt zugesprochen, um das Potential der erst kürzlich entdeckten Bandscheiben-Stammzellen besser verstehen zu lernen. Das insgesamt mit über 15 Millionen Euro unterstützte Konsortium wird angeführt von Marianna Tryfonidou von der Universität Utrecht in Holland.

Hauptziel des Projektes ist es, aus notochordalen Zellen (Stammzellen der Bandscheibe) durch Reprogrammierung sogenannte «induced progenitor cells» (iPS) zu generieren, welche für die Regeneration der Bandscheibe sehr gute Eigenschaften aufweisen dürften. Am Projekt beteiligt sind Medizinerinnen, Ingenieure, und Biologinnen und Biologen von universitären und nicht universitären Forschungsinstitution (das AO Forschungsinstitut in Davos) sowie von Firmen in der Schweiz, Frankreich, Italien, Deutschland, England, Irland, Hong Kong, China und den Vereinigten Staaten.

Forschungscluster «Bone & Joint Research»

Das Projekt stärkt den Forschungsplatz Bern und insbesondere die Orthopädische Forschung des kürzlich gegründeten Forschungsclusters «Bone & Joint Research» des Departments für Biomedizinische Forschung (DBMR) der Universität Bern. Das Cluster möchte die orthopädische Forschung am Inselspital und an der Universität Bern bündeln. Dabei wird an der Universität wieder vermehrt an den Ursachen von Gelenksschmerzen im Zusammenhang von Knorpel und Knochen geforscht werden. Diese Forschung hat am Standort Bern eine langjährige Tradition – bedenkt man die Erfolgsgeschichten um Maurice E. Müller, einem sehr renommierten Hüft-Orthopäden, welcher die moderne Prothetik vorangetrieben hat, und Herbert Fleisch, einem der Väter der Bisphosphonate, einer Gruppe von Medikamenten zur Behandlung der Osteoporose.

Mit dem nun beginnenden «Horizon 2020»-Projekt zu Bandscheiben-Stammzellen reiht sich die Orthopädische Forschung in Bern zudem exzellent in die klinisch-translational ausgerichtete Stammzellenplattform der Universität ein (www.stemcellsbern.ch). 

Benjamin Gantenbein (Foto) wird mit Lorin Benneker das Projekt iPSpine leiten.

Zellbestandteile der Bandscheibe: Gelb markiert die gefundenen neuartigen Stammzellen (Illustrationen: Institute for Surgical Technology and Biomechanics, Universität Bern)