Sara Aeberhard ist mit 28 Jahren Berufserfahrung bereits Hebammen-Grossmutter, hat also das Kind einer Frau entbunden, die sie zuvor schon auf die Welt begleitet hat. Auf der Geburtsstation in Münsingen, wo es drei Geburtszimmer gibt, ist sie alleine im Dienst. «Das gibt mir ein unglaublich gutes Gefühl, denn ich bin mir bewusst, wie wichtig ich bin. Zudem weiss ich, dass ich für meine Arbeit eigentlich nur meine beiden Hände und alle meine Sinne brauche», sagt Sara Aeberhard stolz.
Vertrauen wird durch Respekt aufgebaut
Um das Vertrauen der Gebärenden zu gewinnen, bleibt Sara Aeberhard nur wenig Zeit, denn sie kennt die Frauen meistens vorher nicht. Am wichtigsten sei, dass man der werdenden Mutter mit Empathie und viel Respekt begegne und sie in alle Entscheidungen miteinbeziehe. Macht man seine Arbeit gewissenhaft – die Handgriffe werden vom Geburtspartner oft ganz genau beobachtet –, fühlen sich Eltern gut aufgehoben und sicher. Dass eigentlich jede Hebamme auch nach Dienstschluss dabeibleibt, wenn eine Geburt kurz bevorsteht, zeigt, wie viel Herzblut die Hebammen in ihren Job stecken. Wird die werdende Mutter von einer Beleghebamme begleitet, konnten die beiden bereits während der Schwangerschaftskontrollen ein Vertrauensverhältnis aufbauen. Sara Aeberhard empfindet die Beleghebamme aber nicht als Konkurrenz, auch wenn ihr von diesen Geburten oft nur die Putzarbeit bleibt: «Die Beleghebammen arbeiten selbstständig in Zusammenarbeit mit der Gynäkologin oder dem Gynäkologen. Bei Bedarf arbeiten wir Hebammen auch kollegial zusammen.»
Neben der Hebamme ist der Lebens- oder ein Geburtspartner die wichtigste Stütze für die gebärende Frau. Die Partner können die Stärken und Schwächen der werdenden Mutter gut einschätzen und für die Interessen der Frau einstehen. Die meisten Männer unterstützen und motivieren ihre Frauen sehr gut. Nicht hilfreich sei, wenn gebärende Frauen von ihren Männern bedauert würden. «Wenn ein Mann zu sehr mitleidet, hilft das der Frau überhaupt nicht», berichtet Sara Aeberhard aus Erfahrung. Und sie erzählt, dass gerade Männer, die sonst wenig Emotionen zeigten, manchmal von den Ereignissen einer Geburt überwältigt würden.
Sehr positiv beschreibt die Hebamme ihre Zusammenarbeit mit den Belegärztinnen und -ärzten der gynäkologischen Abteilung des Spitals Münsingen. Solange keine abnormalen oder krankhaften Symptome auftreten, sind die Hebammen selbstständig verantwortlich für die gebärende Frau. Steigt zum Beispiel deren Blutdruck oder verlangsamen sich die Herztöne des ungeborenen Kindes, entscheidet die Gynäkologin oder der Gynäkologe zusammen mit der fachkompetenten Hebamme über das weitere Vorgehen. Darüber, dass medikamentöse oder chirurgische Eingriffe im natürlichen Geburtsvorgang solange wie möglich vermieden werden sollen, sind sich die Ärztinnen und Ärzte sowie die Hebammen des Spitals Münsingen einig.
VITA 02/20
Diesen sowie weitere Artikel finden Sie in der aktuellsten Ausgabe des VITA-Magazins, welches im Spital Münsingen aufliegt und auch online verfügbar ist.