Nierensteine sind die häufigste Nierenerkrankung und betreffen etwa 10 Prozent der Frauen und 20 Prozent der Männer. Sie sind nicht nur extrem schmerzhaft, sondern führen auch häufig zu wiederholten Operationen und Krankenhausaufenthalten, was die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigt. Besonders problematisch ist das hohe Rückfallrisiko: zwischen 30 und 80 Prozent der Patient:innen erleiden innerhalb weniger Jahre erneut Nierensteine. Trotz dieses hohen Risikos gibt es nur wenige Medikamente zur Vorbeugung von Nierenstein-Rückfällen. Diese Medikamente sind in ihrer Wirksamkeit zudem begrenzt und haben oft erhebliche Nebenwirkungen.
SGLT2-Hemmer reduzieren Nierensteinrisiko bei Typ-2-Diabetes
Daten aus Patientenregistern deuten darauf hin, dass eine Behandlung von Typ-2-Diabetes mit SGLT2-Hemmern, wie zum Beispiel Empagliflozin, auch das Risiko für Nierensteine senken kann. In einer Post-hoc-Analyse früherer Studien zeigte sich zudem, dass Patient:innen mit Typ-2-Diabetes, die Empagliflozin einnahmen, seltener Nierensteine entwickelten als diejenigen, die ein Placebo erhielten. Mögliche Gründe dafür könnten sein, dass das Medikament den Harnfluss erhöht, entzündungshemmend wirkt und eine Reihe von positive Veränderungen im Urin bewirkt, die die Bildung von Nierensteinen verhindern. Bisher wurde diese Wirkung von SGLT2-Hemmer jedoch noch nicht bei Patient:innen ohne Diabetes getestet.
Studie zeigt Wirkung auch bei Nicht-Diabetikern
Ein Forschungsteam unter der Leitung der Universitätsklinik für Nephrologie und Hypertonie des Inselspitals Bern untersuchte nun in einer doppelblinden, placebokontrollierten Phase-2-Studie die Wirksamkeit des SGLT2-Hemmers Empagliflozin bei der Vorbeugung von Nierensteinen (SWEETSTONE Studie). Insgesamt wurden 53 nicht-diabetische Patient:innen mit Calcium- oder Harnsäuresteinen in die Studie eingeschlossen. Calcium- und Harnsäuresteine sind die beiden häufigsten Steintypen; sie machen zusammen etwa 90-95 Prozent aller Nierensteinfälle aus. Die Studienteilnehmenden erhielten über einen Zeitraum von zwei Wochen entweder Empagliflozin (25 mg täglich) oder ein Placebo. Nach dieser Phase wechselten die Gruppen, sodass alle Teilnehmenden beide Behandlungen durchliefen.
Die Ergebnisse der klinischen Studie, die soeben im Nature Medicine erschienen ist, sind vielversprechend: Empagliflozin konnte die Lithogenität, d.h. die Tendenz zur Steinbildung des Urins, in beiden Gruppen signifikant senken. Bei den Patient:innen mit Calciumsteinen wurde eine Reduktion der Calciumphosphat-Übersättigung im Urin um 36 Prozent festgestellt, bei den Patient:innen mit Harnsäuresteinen verringerte sich die Harnsäure-Übersättigung um 30 Prozent. Beide Werte gelten als entscheidende Indikatoren für das Risiko einer Steinbildung. Zudem traten während der gesamten Studie keine ernsthaften Nebenwirkungen auf.
Neuer Behandlungsansatz für Nierensteine
«Die SWEETSTONE Studie ist die erste Studie weltweit, die das Potenzial von SGLT2-Hemmern zur Verhinderung der Nierensteinbildung bei Patient:innen mit Nierensteinen untersuchte», erklärt Prof. Dr. med. Daniel Fuster, Studienleiter und Leitender Arzt an der Universitätsklinik für Nephrologie und Hypertonie am Inselspital. Die Resultate der Untersuchung eröffnen neue Perspektiven in der Behandlung von Patient:innen mit wiederkehrenden Nierensteinen. «Die Studienergebnisse legen nahe, dass SGLT2-Hemmer die Steinbildung effektiv unterdrücken und somit eine vielversprechende Möglichkeit bieten, das Rückfallrisiko für Nierensteine zu senken. Damit schliessen sie eine wichtige Lücke in der Therapie der betroffenen Patient:innen», fügt Prof. Fuster hinzu. Um den langfristigen Nutzen und die Anwendung dieses Medikaments in der Nierensteinprävention zu bestätigen, sind weitere Studien erforderlich.
Link
Universitätsklinik für Nephrologie und Hypertonie
Publikation
Anderegg MA, Schietzel S, et al. Empagliflozin in non-diabetic individuals with calcium and uric acid kidney stones: a randomised phase 2 trial. Nature Medicine (2025). doi:10.1038/s41591-024-03330-x. Online ahead of print.
Experten
Prof. Dr. med. Daniel Fuster, Leitender Arzt, Universitätsklinik für Nephrologie und Hypertonie, Inselspital, Universitätsspital Bern und Universität Bern
Dr. med. Simeon Schietzel, Oberarzt, Universitätsklinik für Nephrologie und Hypertonie, Inselspital, Universitätsspital Bern und Universität Bern
Prof. Dr. med. Lia Bally, Leitende Ärztin, Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie, Ernährungsmedizin und Metabolismus, Inselspital, Universitätsspital Bern und Universität Bern